Liebe Mitbürger,
am morgigen 11. Juli begeht die UNO den „Weltbevölkerungstag“. Mit seiner Einführung im Jahr 1987 wollte man auf die Probleme des Bevölkerungswachstums aufmerksam machen. Bei nüchterner Betrachtung der heutigen Zahlen besteht kein Grund zur Panik, wohl aber zur Sorge, die anstehenden Herausforderungen zu bewältigen.
Dabei ist es eigentlich Unsinn von einer „Weltbevölkerung“ zu reden. Natürlich kann man die Anzahl der Menschen auf der Erde einfach addieren und die Summe als „Weltbevölkerung“ verbuchen. Doch führt dieses Scheren über einen Kamm nicht im geringsten weiter. Es ist vielmehr notwendig, die extrem unterschiedlichen Entwicklungen in den einzelnen Großregionen der Welt differenziert zu analysieren und daraus die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen.
Zunächst muss man feststellen, dass Horrorszenarien wie sie beispielsweise der „Club of Rome“ zeichnete, völlig übertrieben sind. Jener Zusammenschluss von Großindustriellen und Intellektuellen warnte in seiner Schrift „Grenzen des Wachstums“ von rund 15 Milliarden Menschen im Jahr 2030 und einer Ausplünderung des Planeten. Wir wissen heute dass die „Berechnungen“ jener „Experten“ (die z.B. auch prognostizierten, dass Silber bereits im Jahr 1985, Zinn zwei Jahre später und Anfang der 1990er auch Erdöl vollständig verbraucht seien) völlig unseriös waren. Mittlerweile rechnet die UNO für das Jahr 2100 mit etwas über 10 Milliarden Menschen, danach werde die „Weltbevölkerung“ schrumpfen.
Doch dies ist wie erwähnt nicht aussagekräftig. In einigen Weltregionen schrumpft die Bevölkerung rapide. Einige Länder Ostasiens altern sehr schnell. In Japan ist dies schon lange der Fall. China, das mit 1,4 Milliarden Menschen noch bevölkerungsreichste Land wird schon bald drastisch schrumpfen, mit unabsehbaren Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft. Bei uns in Europa liegt die Geburtenrate schon seit Jahrzehnten weit unter den für den Erhalt der Bevölkerung notwendigen 2,1 Kindern pro Frau. Die Versorgung einer alternden Bevölkerung ist längst nicht sichergestellt.
Die Empfehlung diesen Missstand durch mehr Einwanderung zu kompensieren ist kurzsichtig und falsch. Massen von unterqualifizierten Einwanderern tragen nicht zur Versorgung der Alten bei sondern müssen vielmehr selbst von der Solidargemeinschaft ausgehalten werden. Die an diesem Wochenende in Gießen wieder sichtbar gewordene Inkompatibilität der Mentalitäten und Wertvorstellungen tut ein übriges, um Einwanderung nicht zur Lösung sondern im Gegenteil zu einem gewaltigen Minusgeschäft zu machen.
Die langfristig einzige Chance ist eine konsequente Förderung der einheimischen Familien. Doch die staatlichen Rahmenbedingungen sind schlecht. Dass es auch anders geht, zeigt beispielsweise Ungarn. Dem wohl familienfreundlichsten Land der EU ist es gelungen, innerhalb von zehn Jahren die Geburtenrate von 1,23 auf 1,61 Kinder pro Frau zu erhöhen. Und das wohlgemerkt bei einer überwiegend einheimischen Bevölkerung, ohne die bei uns stark ins Gewicht fallenden traditionell gebärfreudigen Einwandererfamilien!
Ein Kontinent hat allerdings tatsächlich mit einem hohen Bevölkerungswachstum zu kämpfen: Afrika. Dort wird sich die Bevölkerung voraussichtlich von derzeit 1,4 Milliarden in den nächsten dreißig Jahren auf rund 2,5 Milliarden erhöhen, bis zum Ende des Jahrhunderts sollen es 4 Milliarden werden. Und so lange die Aussicht besteht, den Bevölkerungsüberschuss einfach nach Europa abgeben zu können, wird sich an dieser Tendenz auch nichts ändern.
Die Lösung für Afrika liegt dabei ebenso wenig in Auswanderung, wie die Europas in Einwanderung. Vielmehr muss dort auf Bildung und technischen Fortschritt gesetzt werden. Schon jetzt zeigt sich, dass die Wachstumsraten vor allem in den afrikanischen Staaten zurückgehen, die ihre Kinder gut ausbilden und sich den Herausforderungen der technischen Modernisierung stellen. Im übrigen ist Afrika groß genug, um die ganze Welt zu ernähren. Wenn die jungen Afrikaner dies erkennen – es gibt erfreuliche Anzeichen dafür – und entschlossen ihr Schicksal in die eigene Hand nehmen, werden sie auch die anstehenden Herausforderungen meistern.
Wir sehen also, dass die demographischen Gegebenheiten unterschiedlich sind und differenzierte Antworten erfordern. Für uns in Europa gilt es, die Familie auf allen Ebenen nach Kräften zu fördern. Diesem Anliegen werde ich mich weiterhin verpflichten.
Schöne Grüße aus Brüssel
Ihr
Joachim Kuhs