Liebe Mitbürger,
Ihnen und Ihren Familien ein gesegnetes Erntedankfest! Am ersten Sonntag im Oktober sind in vielen unserer Kirchen die Altäre festlich geschmückt: mit Ähren, Gemüse, Obst und weiteren Lebensmitteln.
Wir erinnern uns heute daran, dass wir uns das Leben nicht selbst gegeben haben. Alles was wir sind und haben, verdanken wir Gott. Wir rufen uns auch die Bedeutung der Nahrung in Erinnerung: Die Industriegüter und die Dienstleistungen der modernen Welt mögen noch so beeindruckend sein – ohne die Erzeugnisse der Landwirtschaft können wir nicht überleben!
Ein Abschnitt aus der Lesung des heutigen Tages bringt das sehr schön zum Ausdruck: „Und wenn du gegessen hast und satt bist, sollst du den Herrn, deinen Gott, loben für das gute Land, das er dir gegeben hat. So hüte dich nun davor, den Herrn, deinen Gott, zu vergessen, sodass du seine Gebote und seine Gesetze und Rechte, die ich dir heute gebiete, nicht hältst.“ (5.Mose, 8,10f)
Wer sich bewusst ist, dass wir einen Schöpfer haben, der uns liebt und der uns am Leben erhält, bleibt vor dem Stolz bewahrt, alles selbst machen zu KÖNNEN, ebenso vor der Verzweiflung, alles selbst machen zu MÜSSEN.
Gottvergessenheit – und das spürt man in der EU-Politik täglich – führt zu Hybris und zu einem Machbarkeitswahn. Und gleichzeitig sieht der Mensch, dass er überfordert ist und gibt sich der Resignation hin. Dankbarkeit rückt dagegen alles in die rechte Ordnung: Dankbarkeit lässt uns einerseits demütig werden und bringt uns andererseits dazu, unsere Fähigkeiten und Kräfte in den Dienst des Guten zu stellen und selbst großzügig zu sein.
Der Dichter Matthias Claudius hat diese Dankbarkeit in wunderschönen Versen ausgedrückt, die ich gerne mit Ihnen teilen möchte:
„Wir pflügen, und wir streuen den Samen auf das Land,
doch Wachstum und Gedeihen steht in des Himmels Hand:
der tut mit leisem Wehen sich mild und heimlich auf
und träuft, wenn heim wir gehen, Wuchs und Gedeihen drauf.
Er sendet Tau und Regen und Sonn und Mondenschein
und wickelt seinen Segen gar zart und künstlich ein
und bringt ihn dann behende in unser Feld und Brot
es geht durch unsre Hände, kommt aber her von Gott.
Was nah ist und was ferne, von Gott kommt alles her,
der Strohhalm und die Sterne, das Sandkorn und das Meer.
Von ihm sind Büsch und Blätter und Korn und Obst von ihm
das schöne Frühlingswetter und Schnee und Ungestüm.
Er läßt die Sonn aufgehen, er stellt des Mondes Lauf;
er läßt die Winde wehen und tut die Wolken auf.
Er schenkt uns soviel Freude, er macht uns frisch und rot;
er gibt den Kühen Weide und seinen Kindern Brot.
Herzliche Grüße
Ihr
Joachim Kuhs