Liebe Mitbürger,

in einem zur Zeit des Kalten Krieges kursierenden Witz streiten sich ein Russe und ein Amerikaner darüber, in welchem ihrer Länder es mehr Meinungsfreiheit gibt. Der Amerikaner sagt: „Im Gegensatz zu euch herrscht bei uns Meinungsfreiheit. Ich kann, ohne dass mir was passiert, mich in Washington vor das Weiße Haus stellen und laut rufen: ‚Die amerikanische Regierung ist eine einzige Verbrecherbande.‘ Der Russe sagt: „Wir haben dieselbe Meinungsfreiheit.“ Und als der Amerikaner das verneint, entgegnet der Russe: „Doch. Ich kann, ohne dass mir was passiert, mich in Moskau auf den Roten Platz stellen und laut rufen: ‚Die amerikanische Regierung ist eine einzige Verbrecherbande.'“

Dieser Witz kam mir angesichts der aktuellen Debatte um einen bemerkenswerten Satz von Thomas Gottschalk in den Sinn. Am Samstag hatte der beliebte Fernsehunterhalter seine letzte Sendung „Wetten Dass“ moderiert. Und als einer der Gründe, weshalb er aufhöre, bemerkte er: „…dass ich, und das muss ich wirklich sagen, immer im Fernsehen das gesagt habe, was ich zu Hause auch gesagt habe. Inzwischen rede ich zu Hause anders als im Fernsehen. Und das ist auch keine dolle Entwicklung. Bevor hier ein verzweifelter Aufnahmeleiter hin- und herrennt und sagt: ‚Du hast wieder einen Shitstorm hergelabert‘, da sage ich lieber gar nichts mehr.“

Was Thomas Gottschalk hier ausgesprochen hat, empfinden viele Deutsche genauso. In einer Umfrage „Freiheitsindex 2022“ vom Allensbach-Institut gab weniger als die Hälfte – 48 Prozent – an, dass man in unserem Land seine Meinung frei äußern könne. Im Jahr zuvor, auf dem Höhepunkt der Corona-Hysterie, waren es sogar nur 45 Prozent.

In der links-grünen Blase stießen Gottschalks Äußerungen erwartungsgemäß auf Empörung. Wie kann er nur! Die „Zeit“ z.B. sprach von einem „vergifteten“ Abschiedsgruß. Klar. Wessen Meinung kein Jota vom linken Mainstream abweicht, wer der Ansicht ist, dass die Vergangenheit „gecancelt“ und die Gegenwart unter eine woke Kuratel gestellt werden müsse, der wird auf die Aussage, in unserem Land trauen sich viele nicht mehr, ihre Meinung zu sagen, genauso verständnislos reagieren, wie der brave Sowjetbürger in obigem Witz.

Dabei kann jeder die Probe aufs Exempel machen und öffentlich bekunden, die AfD sei eine wählbare Partei, es gebe nur zwei Geschlechter, Trans-Frauen seien Männer oder die deutsche CO2-Einsparung ändere nichts am Weltklima. Ein einziger dieser Sätze genügte und als öffentliche Person wäre man auf der Stelle erledigt. Und auch als Privatmann sähe man sich mit sozialer Isolation konfrontiert.

Während der Corona-Zeit mussten Prominente, welche Kritik am Covid-Regime und dessen Narrativen übten, erfahren, wie rasch man in Ungnade fallen kann. Nein, eingesperrt wie Dissidenten in totalitären Regime wird fast niemand. Aber Psychoterror, Boykottaufrufe und der Vorwurf von Kontaktschuld folgten auf der Stelle.

Erfreulich ist, dass sich dennoch eine erstaunlich große Zahl an mutigen Bürgern nicht einschüchtern ließ. Insbesondere über die sozialen Medien konnte man Meinungen lesen und verbreiten, die dem Mainstream widersprachen. Das hat die Herrschenden irritiert und offenbar arbeiten sie nun an Gegenmaßnahmen.

Mit dem „Digital Services Act“ der EU hat sich die EU-Kommission eine Möglichkeit verschafft, den freien Zugang zum Internet zu blockieren. Soziale Dienste, Meinungsplattformen und alternative Medien wären dann in der EU einfach nicht mehr erreichbar. Voraussetzung ist lediglich, dass Brüssel in irgendeinem Land „soziale Unruhen“ oder einen anderen Notfall wie zum Beispiel eine Pandemie feststellt. Unter dem Vorwand von mehr Demokratie und Sicherheit im Netz könnten unliebsame Meinungen einfach blockiert werden.

Staatsnahe Medien könnten ihre Botschaft natürlich weiterhin verbreiten. Es gäbe nur noch einen schmalen Meinungskorridor, dessen Breite ganz in das Belieben der Mächtigen gestellt wäre. Eine Dystopie? Nein, nicht nur totalitäre Regime wie China blockieren unliebsame Internetkanäle, auch der französische Präsident Emmanuel Macron hat während der jüngsten Unruhen ganz ungeniert die Sperrung von Social Media-Diensten ins Spiel gebracht.

Liebe Mitbürger, wir müssen aufwachen, bevor es zu spät ist. Wenn Regierungen und Kommission das Internet nach Belieben kontrollieren können, wird der Shitstorm auf den armen ZDF-Aufnahmeleiter, vor dem Thomas Gottschalk sich fürchtet, unser kleinstes Problem sein. Unsere Freiheit bekommen wir nicht geschenkt, wir müssen um sie kämpfen und für sie einstehen.

Besorgt, aber fest entschlossen, nicht aufzugeben grüßt Sie

Ihr

Joachim Kuhs

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