Liebe Mitbürger,
Ihnen allen eine gesegnete Fasten- bzw. Passionszeit. Mit dem heutigen Aschermittwoch treten wir ein in die Vorbereitung auf das österliche Geheimnis: die Feier des Leidens, des Todes und der Auferstehung Christi.
In den verschiedenen christlichen Konfessionen wird die Praxis des Fastens unterschiedlich gehandhabt und bewertet. Im Folgenden möchte ich die Fastenpraxis unter dem Gesichtspunkt der Askese betrachten.
„Askese“, abgeleitet aus dem griechischen „askesis“ kann mit „Übung“ oder „Training“ übersetzt werden. Im alten Griechenland wurden auch Sportler und Soldaten als „Asketen“ bezeichnet. Und auch unsere heutigen Leistungssportler leben in gewissem Sinne asketisch – wer auf hohem Niveau sportliche Erfolge erzielen will, muss sich gewisse Einschränkungen auferlegen. Ein Athlet verzichtet auf bestimmte Genussmittel und geht ins Fitnessstudio – nicht weil er sich bestrafen will, sondern um sich auf den Wettkampf vorzubereiten.
Der Apostel Paulus stellt den Sportler als ein Beispiel für die Christen im ersten Korintherbrief dar: „Wisst ihr nicht, dass die Läufer in der Rennbahn zwar alle laufen, aber nur einer den Kampfpreis erlangt? So lauft nun, um ihn zu gewinnen. Jeder Wettläufer aber lebt in jeder Hinsicht enthaltsam – jene nun, damit sie einen vergänglichen Siegeskranz erlangen, wir aber einen unvergänglichen.“ (1Kor 9,24f)
Vielleicht können wir die christliche Askese unter diesem Gesichtspunkt sehen: Als ein Training, um unser Leben wieder mehr auf Gott auszurichten. Wenn wir die eigenen Begierden und Bequemlichkeiten zumindest für eine gewisse Weile hinten anstellen, dann geht es nicht darum, auf einem himmlischen Konto irgendwelche Punkte gutzuschreiben und uns diese anderweitig wieder auszahlen zu lassen. Wir trainiern damit vielmehr, Gott über unser eigenes Selbst zu stellen.
Askese ist auch ein sichtbares Zeugnis, in einer Welt, die das Ich und die Befriedigung seiner (vermeintlichen) Bedürfnisse an die oberste Stelle setzt. Das gilt auch in der Familie. Wenn wir unsere Kinder gegen den allgegenwärtigen Hedonismus und die Konsumorientierung immunisieren wollen, so ist die Praxis des gemeinsamen Verzichts ein ideales Mittel. Das muss nicht bedeuten, Trübsinn zu blasen, im Gegenteil. Man kann zum Beispiel festlegen, für eine bestimmte Zeit, Fernsehen, Computer und Smartphone auszuschalten und diese Zeit gemeinsam als Familie zu verbringen.
Erwähnen muss ich noch einen weiteren Aspekt dieses Trainingsprogramms: Die Luft für uns Christen in Europa wird dünner. Die EU fährt ein zunehmend antichristliches Programm und unter dem Vorwand von „Antidiskriminierung“ wird es für Christen immer gefährlicher, sich noch offen zum ganzen christlichen Glauben zu bekennen. Wenn die Entwicklung so weitergeht, werden uns berufliche und gesellschaftliche Nachteile, Diskriminierung, vielleicht sogar Verfolgung erwarten, wenn wir zum Beispiel Familie, Glaubens- und Gewissensfreiheit gegen die totalitäre „woke“ Ideologie verteidigen. Christen, die es nicht gewohnt sind, Verzicht zu üben, werden einem solchen Druck kaum standhalten können.
Begeben wir uns also in dieses „Trainingslager“ Gottes; mit Körper, Geist und Seele. Es geht dabei nicht nur um Einschränkungen sondern um geistliches Wachstum. Nehmen wir uns daher auch mehr Zeit als sonst für Gebet und Schriftlesung. Das Wort Gottes und ergänzend gute geistliche Lektüre sind sozusagen die Hanteln mit denen wir unsere religiösen Muskeln trainieren.
So wünsche ich Ihnen und Ihren Familien gesegnete Wochen.
Herzlich
Ihr
Joachim Kuhs